DREI HYPOTHESEN ZUM STAATSSTREICH IN MYANMAR

 

ZUM MILITÄPUTSCH MÖCHTEN WIR DREI INTERPRETATIONEN DER MARXISTISCHEN ORGANISATIONEN WIEDERGEBEN (“GIK/Battaglia Comunista”, “Lotta Comunista”, und unser “Der kommunistische Kampf”), DIE WIR ALS REALISTISCHER ANSEHEN ALS DIE MANIPULIERTEN BÜRGERLICHEN VERSIONEN ODER DIE DER NAIVEN GRUPPEN DER LINKEN.

 

 

    GIK / Battaglia Comunista     

 

Für die GIK (Gruppe Internationaler KommunistInnen)/ Battaglia Comunista sieht Fabio Damen im Artikel Die Revolten in Myanmar” vom 19.Februar 2021 die Gründe für den Militärputsch in der durch die Covid-Pandemie  verschlechterten wirtschaftlichen Situation im Innern von Myanmar. Angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Situation hätten die Massen angefangen energisch zu protestieren. Damen erklärt diese intensiven Proteste damit, dass das Militär davon ausgehe, die Regierungschefin und Nobelpreisträgerin Suu Kyi (welche während ihrer Regierung das Militär und seine Interessen nach Damen nie wirklich in Frage gestellt habe) sei nicht im Stande, die so schwere Situation zu kontrollieren und zu handhaben. Daher habe man beschlossen, durch einen Staatsstreich selbst die Führung des Landes in die Hand zu nehmen und zu regieren. So Damen wörtlich: Seit dem 1. Januar finden auf den Straßen Myanmars (Birmanien) fast täglich Demonstrationen statt. […] Die Gründe für den Putsch lagen, wie so oft in dieser Region, in der Angst der herrschenden Klasse, die Straßendemonstrationen für mehr Demokratie könnten in etwas Radikaleres umschlagen   [daher – A.d.R.] hat sich die ohnehin schon prekäre wirtschaftliche Situation Myanmars durch die Pandemie dramatisch verschlechtert. […] Das Bruttosozialprodukt ist um 30 % gesunken, die ohnehin schon hohe Arbeitslosigkeit hat ein dramatisches Niveau erreicht. Angesichts mangelnder Investitionen und geringer Produktivität nehmen Spekulation und Korruption zu“.

Angesichts der wirtschaftlichen Degeneration kommt Damen zu dem Schluss: “In den Augen des Militärs war Präsidentin Aung San Suu Kyi nicht in der Lage, die ernste innenpolitische Lage unter Kontrolle zu bekommen. Also erfolgte der Militärputsch

 

 

            Lotta Comunista         

 

Auch Gianluca De Simone schreibt für Lotta Comunista in seinem Artikel “Indo-pazifische Bilanz des Staatstreich in Birmanien” im Februar 2021 über innenpolitische Ursachen für den Militärputsch in Myanmar, allerdings aus einem anderen Blickwinkel. De Simone gibt keine eigene Erklärung für den Putsch, sondern zitiert einige  “Beobachter” um die Gründe zu veranschaulichen, was glauben lässt, diese Version der  “Beobachter” sei für Lotta Comunista die korrekte Sichtweise bzgl, des Staatsstreichs. Für  De Simone sind die Gründe für den Staatsstreich in Myanmar: Da die Nobelpreisträgerin  und Premierministerin Suu Kyi mit ihrer Partei NDL die Wahlen sowohl 2015 als auch im November 2019 gewann, und das Militär sogar eine zweite Wahlniederlage hat hinnehmen müssen, fürchte das Militär nun für ewig lang von den Regierungsgeschäften ausgeschlossen zu bleiben (die Generäle hatten das Land zuvor jahrzehntelang regiert) und sich daher zu einem Putsch entschlossen. Dies mit dem Ziel sich genügend Zeit zu verschaffen, um eine Wahlreform auszuarbeiten, die Suu Kyi und ihre Partei schwächen könnte und so wieder “demokratisch” an die Regierung zu kommen. Das würde erklären, warum das Militär die Dauer des Putsch mit über einem Jahr angesetzt hat, bevor man zur  “Demokratie zurückkehre. Dazu schreibt De Simone im Artikel “Nach den Beobachtern haben neben der Befürchtung der Armee auf lange Zeit in der Minderheit zu bleiben, auch die Ambitionen des Generals Min auf die Präsidentschaft im birmanischen Putsch eine Rolle gespielt […] Den birmanischen Analysten zu Folge habe dieser vor, das Wahlsystem in Richtung Proporz zu verändern und so das Gewicht des NLD zu schwächen. Dies würde Min auch die Präsidentschaft ermöglichen”.

 

 

  Der kommunistische Kampf  

 

Unsere Interpretation ist anders. Für uns liegen die Gründe für den Staatsstreich in Myanmar im Streit, den der Aufstieg der gigantischen imperialistischen Macht Asiens in der Welt heraufbeschworen hat. Denn die Macht China hat wichtige geopolitische Ziele in Asien und auch in Myanmar, wo das Militär immer schon die chinesischen Interessen garantiert hat,  starke wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit der “Seidenstraße”. Unserer Meinung nach liegt der Grund für den Putsch wahrscheinlich in der Tatsache, dass Suu Kyi sich an der Regierung anstelle des Militärs zu sehr in Richtung der Interessen des Westens bewegte (oder sich bewegt) und 

 

 

schadet somit den Interessen Chinas. Also hat Peking die Generäle zum Staatsstreich gedrängt. Dies erklärt, warum China (mit Russland) in den Vereinten Nationen im Februar den Putsch

sofort kategorisch verteidigt und nicht verurteilt hat, was Aufsehen erregte. Klar hat man sich dann im März den USA und den Europäern angeschlossen und die Verurteilung der militärischen Repressionen seitens der UNO unterstützt aber gegen Vergeltungsaktionen ein Veto eingelegt, und so die UNO-Resolution, die das Militär verurteilt, praktisch zur komplett sterilen Farce werden lassen. Es erklärt auch, warum die Vereinigten Staaten und Europa den Staatsstreich hingegen aufs Schärfste verurteilen und Suu Kyi sowie die rebellierenden Birmanen stützen, die die chinesischen Fabriken abfackeln.      

Alle Quellen wiederholen ständig, dass Myanmar für den chinesischen Imperialismus, seine Interessen und seine Investitionen in die “Seidenstraße” auf dem asiatischen Kontinent lebenswichtig, und das birmanische Militär ein treuer Verbündeter für diese chinesischen Interessen ist.  Daher ist es für den chinesischen

 Imperialismus nur logisch und von Interesse den Militärputsch vehement zu verteidigen. Auf der anderen Seite ist es für die USA und Europa nur logisch Suu Kyi zu verteidigen, die ganz leise ihren Zwecken dient. (Vergessen wir nicht, dass Suu Kyi lange Zeit in England studiert und gelebt hat und neben der birmanischen auch die englische Staatsbürgerschaft besitzt, ihre Ausbildung also auf westlichen Konzepten beruht, denen sie wahrscheinlich auch folgt). Daraus folgt unsere Interpretation des Staatsstreichs.     

 

Was wir herausheben wollen ist, dass in beiden Artikeln - der GIK-Battaglia Comunista und von Lotta Comunista -  also in beiden marxistischen Interpretationen des Putsches, der “Bewahrung der Demokratie” als wahres Motiv der USA und der EU für die Verurteilung des Staatsstreichs kein Gewicht beigemessen, nicht die geringste Beachtung geschenkt wird (und damit stimmen wir völlig überein). Das kann nämlich auf keinen Fall der wirkliche Grund für die Aversion der USA und Europas für den Putsch sein. In vielen Ländern, die als “Freunde” der Amerikaner und Europäer gelten, wie  Saudi Arabien, die Vereinigten Emirate oder Qatar, herrschen blutrünstige Regime und Diktaturen, es existieren weder Parteien noch Demokratie, die politischen Gegner werden systematisch verfolgt und auf öffentlichen Plätzen durch Enthauptungen, Erhängen, Kreuzigungen oder Steinigungen hingerichtet (Länder in denen es sogar noch Formen der Sklaverei gibt) und diese werden keinesfalls von den amerikanischen und europäischen Regierungen angeprangert oder verurteilt Im Gegenteil, alles wird in Schweigen gehüllt. Die “Bewahrung der Demokratie” in Myanmar ist, wie schon gesagt, ohne Zweifel nur ein Vorwand, für die USA und Europa, eine Instrumentalisierung der Opposition gegenüber dem Militärputsch  um den wahren, nicht genannten Grund zu verschleiern. Dieser ist für uns Marxisten,   dass im jahrelangen Zwist unter den imperialistischen Räubern auch der Militärputsch in Myanmar Teil des Kampfes um die jeweiligen “Einflussbereiche” zwischen den USA und Europa auf der einen, und China und Russland auf der anderen Seite ist, also beim gegenseitigen Abringen von Nationen. Deshalb unterstützen die USA und Europa Suu Kyi und China und Russland das Militär. Im Streit zwischen imperialistischen geschäftemacherischen Räubern um sich gegenseitig Marktanteile wegzunehmen wird nicht davor zurückgeschreckt auch Kriege vom Zaun zu brechen, wie die aktuellen Kriege in Syrien, im Irak, Libyen, Jemen, der Ukraine und nicht zuletzt der verheimlichte Krieg in Mali.       

Wäre dem nicht so, d.h. dass die Imperialisten der USA und Europas in Myanmar Suu Kyi stützen um dem chinesischen Imperialismus zu schaden, würden sie den Putsch bei Weitem nicht so konstant und vehement verurteilen. Dann würden die USA und Europa kein Interesse daran zeigen, würde sich die westliche Presse nicht so engagieren, sondern würde sich in Schweigen hüllen, wie es schon beim Putsch in Thailand 2014 gewesen ist, oder wie bei vielen anderen (vielleicht sogar von den Amerikanern oder Europäern selbst angezettelten) Staatsstreichen in Asien, Afrika oder Südamerika.  

 

Daher wiederholen wir als Marxisten unsere Position:

 

SOLIDARIETÄT FÜR DIE BIRMANISCHEN ARBEITER GEGEN DAS MILITÄR UND GEGEN ALLE DEMOKRATISCHEN  REGIERUNGEN DES BÜRGERTUMS.

                                                                                   Claudio  Piccoli                                                                               


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