Parlament, Werkzeug des Bürgertums, um das Proletariat zu kontrollieren. Taktische Enthaltung.

 

 

 

Das Großbürgertum der Industrie und Banken, das eine sehr kleine Minderheit der Bevölkerung stellt, nämlich 1%, hat ein riesiges Problem die große Masse des Proletariats, das in einigen Nationen sogar bis zu 85% der aktiven Bevölkerung stellt, zu kontrollieren.

Um diese enorme Kontrolle zu ermöglichen braucht es angemessene Werkzeuge. Die Medien, also die Zeitungen und die Fernsehsender und dann noch die Schulen, die Universitäten, der Klerus, usw. erfüllen diese Aufgabe hervorragend. Aber das allerbeste, das Werkzeug überhaupt, ist das Parlament.

Das Parlament dient dem Unternehmertum, um dem Proletariat den Eindruck zu verschaffen, mittels der Stimmabgabe über das politische und wirtschaftliche Geschehen im Land entscheiden zu können, eine Rolle zu spielen.

Der Trick, das Zauberkunststück der Reichen im Gebrauch dieses Werkzeuges liegt darin, den Arbeiter unter einem breiten Angebot von Parteien wählen zu lassen, von denen der Arbeiter wenig weiß oder nur glaubt etwas zu wissen. Parteien, die allerdings direkt oder indirekt und auf versteckte Weise für das Unternehmertum arbeiten und nur so tun, als würden sie untereinander polemisieren. Nach den Wahlen hat der Arbeiter, der die Parlamentarier gewählt hat, keine Möglichkeit mehr sie zu kontrollieren, da sie 4 oder 5 Jahre im Amt bleiben und nicht abgerufen werden können. So können die Parteien, abgekoppelt von ihren Wählern, den Anweisungen und Interessen der reichen Unternehmer folgen, von denen sie direkt oder indirekt abhängig sind, und  jedwede dahingehende Entscheidung treffen.

Der Arbeiter, überzeugt davon, entscheidend gewesen zu sein, spielt in Wirklichkeit überhaupt keine Rolle. Ihm ist nur etwas vorgemacht worden um ihn dazu zu bringen eine Wahl zu treffen, die mit seinen eigenen Interessen eigentlich gar nichts zu tun hat.

Man kann allerdings feststellen, dass immer mehr Arbeiter sich instinktiv dieser Diskrepanz, dieser Täuschung bewusst werden, und wie in den Jahrzehnten die Anzahl der Wahlbeteiligung immer weiter zurückgeht.

Welche Position müssen wir als revolutionäre Partei beziehen in Bezug auf dieses sehr ausgeklügelte Werkzeug des Bürgertums?

Können wir es (abgesehen von den anderen Organisationssystemen, über die wir verfügen, um die Partei weiter zu entwickeln) benutzen, indem wir ins Parlament einziehen und es als weitere Hilfe zur Weiterentwicklung der Partei auszunutzen? Können wir es als “ Lautsprecher” zur Verbreitung unserer kommunistischen Ideen benutzen? Mit anderen Worten, könnte man im vollen Bewusstsein, dass das Proletariat und die revolutionäre Partei mit dem Parlament nichts erreichen können, es dennoch als Echo ausnutzen, damit 

die kommunistischen Ideen so viele Arbeiter wie nur möglich erreichen, so wie es die Bolschewiken und die revolutionären deutschen Sozialdemokraten getan haben, und wie Lenin in der 3. Internationalen geraten hatte.

Oder sollte man dem Parlament fern bleiben?

Für uns hängt die Wahl von der Situation ab, in der man sich befindet und arbeitet.

Zu Zeiten von Marx und seinen Sozialdemokraten und von Lenin und seinen Bolschewiken waren revolutionäre Parteien illegal und neben den internen organisatorischen Systemen zur Entwicklung der Partei, konnte die "Hilfe" , das Parlament in diesen Momenten strikter Illegalität als “Lautsprecher” zu gebrauchen, sicher sehr nützlich sein zur Verbreitung der kommunistischen Ideen.  

Aber heutzutage hat sich die Situation diesbezüglich bedeutend geändert und die revolutionären Parteien müssen, zumindest in unseren Nationen, nicht mehr im Untergrund oder fast illegal operieren, und die Entwicklung der revolutionären Parteien ist problemlos möglich, auch ohne ins Parlament einzuziehen und es auszunutzen.

Als revolutionäre Partei heutzutage ins Parlament einzuziehen bringt ein großes Problem mit sich: im Parlament vertreten zu sein und es gleichzeitig als wirkungsvolles Werkzeug des Bürgertums gegen die Proletarier anzuklagen scheint und bleibt in den Augen des Arbeiters ein starker Widerspruch. Ein starker Widerspruch, der im Kopf derer, die verstehen und sich uns anschließen wollen, um gegen den Kapitalismus zu kämpfen und eine höhere Gesellschaftsform zu erreichen, eine bedenkliche Konfusion schafft. Konsequenterweise außerhalb des bürgerlichen Werkzeuges Parlament zu bleiben ist also in den Augen jener, die gegen das System sind,  logisch und klar. Und dies erleichtert es, sich denjenigen zu nähern und die auszubilden, die sich gegen das System einsetzen wollen. 

Die normalen Entwicklungsmethoden der revolutionären Partei anzuwenden, die auch von den Sozialdemokraten und den Bolschewiken angewandt wurden, und gleichzeitig den heiligen Hallen des Parlaments fernzubleiben, ist in diesem Moment und in dieser Situation, unserer Meinung nach, die beste und wirksamste politisch-taktische Entscheidung.

Und die aktuelle, groß angelegte revolutionäre und außerparlamentarische Lotta Comunista in Italien , die mit viel Erfolg konsequenterweise die organisatorischen Systeme und den Absentismus gebraucht, beweist, dass diese Entscheidung funktioniert. Eine Wahl, die es der kleinen Gruppe von Gründungsmitgliedern der Lotta Comunista in den 50er Jahren  erlaubte, sich auf der gesamten italienischen Halbinsel auszubreiten, und im 3.Jahrtausend  auch Zirkel in Europa zu eröffnen.

Auch für uns ist das Fernbleiben die beste, konsequenteste, erfolgreichste Alternative, die wir wählen konnten.

 

 


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AKTUELLES – PRAKTISCHER MARXISMUS

DIE REGIERUNGEN: AUSDRUCK DER BÜRGERTÜMER

WIE KOMMT ES, DASS DIE POLITIKER GENAU DAS GEGENTEIL TUN VON DEM, WAS SIE ZUVOR GESAGT HABEN ?

                                                                                                                                                                                                                                                                                 

                                                                                                                                                                                                                                                                                  "Der kommunistische Kampf" - Juni 2015

 

 

 

Jeder glaubt, dass das Parlament der Ausdruck des Volkwillens ist, weil die Parteien bzw. die Abgeordneten vom Volk gewählt werden.

So scheint es jedenfalls. In  Wirklichkeit sieht die Sache allerdings bei genauerem Hinsehen anders aus.

Natürlich, die Abgeordneten werden gewählt, aber man muss genau verstehen, wie dieser Mechanismus funktioniert, wo die Tricks in diesem Mechanismus stecken. Das ist äußerst wichtig.

Es fängt damit an, dass die Parteien ihre Kandidaten präsentieren. Aber was weiß der Wähler eigentlich wirklich über diese Kandidaten? Sie machen einen Haufen von Versprechungen, reden viel, und der Wähler soll ihnen vertrauen; aber was weiß der Wähler überhaupt wirklich über diese Personen, über ihre tatsächlichen Intentionen? Nichts, absolut gar nichts.

Erstens: sagen diese Parteien, diese Kandidaten, wirklich alles im Wahlkampf  oder halten sie einiges geheim?

Zweitens: es passiert jedes Mal, dass die Wähler nach einer Wahl, kurz nachdem die neue Regierung eingeschworen wurde und angefangen hat zu arbeiten, bemerken, dass etwas nicht stimmt, dass die neue Regierung anders vogeht als sie es im Wahlkampf versprochen hatte.

Sollten die enttäuschten Wähler zu diesem Zeitpunkt eine andere Regierung oder ein anderes Parlament wollen, ist dies jedoch nicht mehr möglich, weil das Gesetz vorsieht, dass das Parlament alle vier Jahre erneuert wird.

Also müssen sich die enttäuschten Wähler mit dieser Regierung abfinden, auch wenn sie im Wahlkampf etwas anderes versprochen hat, als dann tatsächlich gemacht wird.

Schlussfolgerung: wer wählen geht hat absolut keine Garantie, dass später auch gehalten wird, was versprochen wurde.

Die Wähler haben somit absolut keine Kontrolle über diejenigen, die von ihnen gewählt wurden! Die Folge liegt klar auf der Hand, die Wähler haben auch überhaupt keine Kontrolle über das Parlament.

Das ist des Pudels Kern, der Drehpunkt, der Trick. Die Parlamente, die Regierungen können ,dank der Tatsache, dass sie trotz allem und unabhängig von allem - einmal gewählt - vier Jahre lang im Amt bleiben, tun und lassen was sie wollen, auch das genaue Gegenteil von dem, was sie ihren Wählern versprochen haben.

Die Parlamente sind demnach so angelegt worden, dass sie VÖLLIG AUTONOM und unabhängig von der Bevölkerung sind. Sie werden zwar von der Bevölkerung gewählt, aber dann sind sie ohne jegliche Verpflichtungen.

Aber was hat das für einen Sinn?

Der Marxismus sieht das Bürgertum als dominante Klasse der kapitalistischen Gesellschaft. Auf welche Weise 

dominiert das Bürgertum das Proletariat, mit anderen Worten die ausgebeutete Klasse der Lohnabhängigen? 

Eines der Werkzeuge ist eben das Parlament.

PARLAMENT, DASS SO ANGELEGT IST, DASS DIE ARBEITER ES NICHT KONTROLLIEREN KÖNNEN!

Klar, das hat einen Preis für das Unternehmertum: der Preis ist das wachsende Misstrauen gegenüber den Institutionen.

Und tatsächlich steigt die Zahl der abgegebenen Stimmen in den Parlamentswahlen nicht ständig an, sondern sie sinken ständig.

Nehmen wir zum Beispiel die kürzlichen Wahlen in Großbritannien vom 7.Mai diesen Jahres, so stellen wir fest, dass  66% der Bevölkerung gewählt haben (1950 waren es 80%). In Deutschland haben in den vergangenen Wahlen 2013  71,5% ihre Stimme abgegeben (1953 waren es 86%). Aber wo man gut sieht, dass die Arbeiter sich von den Parlamentariern an der Nase herumgeführt sehen, sind die Kommunalwahlen  2014  in Italien (wo es riesige wirtschaftliche und soziale Probleme gibt). In der sogenannten “roten” Region  Emilia Romagna, wo die Delusion (oder das Aufwachen) der Arbeiter die Wahlbeteiligung auf 37,7% hat abstürzen lassen (bei den vorangegangenen Kommunalwahlen lag sie bei 68,1% und bei den landesweiten Wahlen  1948 haben 92,23% ihre Stimme abgegeben).

In den Augen der Arbeiter wird es also immer deutlicher, dass das Parlament nicht für sie arbeitet, dass es nicht ihr Werkzeug ist. 

Engels, Lehrmeister und Mitbegründer des wissenschaftlichen Kommunismus, erklärt uns mit einem Zitat aus dem Antidühring  von  1878, wie diese Gesellschaft aufgebaut ist. Es handelt sich nicht um ein abstraktes Zitat aus anderen Zeiten, sondern um ein sehr realistisches, praktisch aktuelles Konzept:  “Der moderne Staat, wie auch immer seine Form, ist im Grunde eine kapitalistische Maschine, ein Staat der Kapitalisten, der ideale kollektive Kapitalist”. Und mit “modernem Staat” meint man offensichtlich das Parlament und die Parteien, die in ihm arbeiten.

Oder wir ziehen die Lehren von Marx aus “Die deutsche Ideologie” zu Rate: der Staat «ist nichts anderes als die Organisationsform, die die Bürgerlichen aus Notwendigkeit nach Innen wie nach Aussen vorgeben, um gegenseitig ihren Besitz und ihre Intressen zu garantieren» .

Und so wird es langsam klar, konkret, warum  “die Parlamentarier und die Parteien das eine sagen und was völlig anderes tun.”

 

Und es wird klar, warum die Marxisten die Abgeordneten in aller Welt als Ausdruck der dominanten Bürgertümer definieren, als eigens dazu studiertes Werkzeug die Arbeiter politisch und psychologisch einzulullen und zu kontrollieren.


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