KAPITALISTISCHE HERRSCHAFTSSYSTEME: Faschismus - Staatskapitalismus - Parlamentarische Demokratie. Die Erfahrungen des deutschen Proletariats.

 

Deutschland in seinen drei staatlichen Verfassung von dem Jahre 1933 an bis heute in seinen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Aspekten vollständig in den Blick zu nehmen, kann dieser Artikel nicht leisen. Vielmehr wollen wir versuchen die jeweils vorhandenen gesellschaftlichen Institution anhand ihres Verhältnisses zum Kapital nach marxscher Auffassung zu untersuchen, um daraus ggf. Folgerungen für das deutsche und internationale Proletariat abzuleiten. Es ist sicher bemerkenswert, dass das deutsche Proletariat als einziges alle drei kapitalistischen Gesellschaftssysteme erlebt hat. Daher stellt sich uns besonders heute die Aufgabe, in Rückschau auf die vergangenen Herrschaftssysteme des Kapitals, die Mechanismen der bürgerlichen Kontrolle und Manipulation herauszuarbeiten und Taktiken zu entwickeln, um diese auszuhebeln und so zu einer überlegenen Gesellschaftsform zu gelangen, in der die Widersprüche des Kapitalismus in allen seinen Erscheinungsformen überwunden sein werden.

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Faschismus/Nationalsozialismus

Nach dem ehemaligen Generalsekretär der Komintern und späteren Ministerpräsident Bulgariens Georgi Dimitroff kann der Faschismus als “terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals” bezeichnet werden.1 Das bedeutet, dass der Faschismus ebenso wie der Staatskapitalismus (Pseudosozialismus) und die bürgerlich parlamentarische Demokratie als eine Ausprägung des Kapitalismus bezeichnet werden kann, da alle diese Herrschaftssysteme unabhängig von ihrer impliziten und expliziten politischen Doktrin, die selbe ökonomische Basis haben, was vor Allem heißt, dass sich die Produktionsmittel der Gesellschaft in privatem Eigentum befinden.2 Um diese Tatsache zu verschleiern zeichnet sich der deutsche Faschismus besonders dadurch aus, dass er in seiner expliziten Dimension eine morphologische Ähnlichkeit zum Sozialismus herzustellen versucht, wie schon durch Begriffsbildungen, wie “Nationalsozialismus” und “Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei” deutlich erkennbar wird. So werden besonders in der faschistischen Propaganda durch pseudosozialistische Phrasen und Projekte, wie “Kraft durch Freude” oder “Arbeit macht frei”, Elemente aus der Agitation der kommunistischen Arbeiterbewegung äußerlich übernommen. Diese scheinbare Nähe zum Sozialismus liegt vor Allem darin begründet, dass sich der historische Faschismus durch die Notwendigkeit konstituiert, der aufstrebenden Arbeiterbewegung eines Landes entgegenzuwirken. Offensichtlich wird dies im Falle der Weimarer Republik in und unmittelbar nach der Wirtschaftskrise 1929: Als die Widersprüche des kapitalistischen Wirtschaftssystems und deren Folgen in diesem Zeitraum offen zu Tage traten, führte dies zu einem Erstarken der Arbeiterbewegung unter der Führung der KPD mit Ernst Thälmann an ihrer Spitze und der Forderung nach einem sozialistischen Sowjetdeutschland, was in seiner Konsequenz die Verstaatlichung der gesamten Produktionsmittel des Landes und damit die Enteignung der deutschen Bourgeoisie zur Folge gehabt hätte. Hinzu kommt, dass durch die Nachwirkungen des Ersten Weltkrieges und die Reparationsforderungen der alliierten Siegermächte bei gleichzeitigem Wachstum der deutschen Industrie ein Krieg zur Erweiterung des Marktes aus Sicht der deutschen Bourgeoisie unausweichlich erschien. Um also das revolutionäre Potenzial der deutschen Arbeiterbewegung zu binden und einen erneuten Krieg zu legitimieren, musste der deutsche Nationalsozialismus, eine alternative Ideologie zum Sozialismus bereitstellen, um so, gesteuert durch die Hochfinanz, neben dem Kleinbürgertum auch die breite Masse der Arbeiter in dieser hybriden politischen Bewegung zu vereinen, was ihm bekanntermaßen auch außerordentlich gut gelang, da sich ihm aufgrund der scheinbaren ideologischen Nähe zum Sozialismus ein großer Teil des deutschen Proletariats emphatisch anschloss. Durch Institutionen wie die “Deutsche Arbeitsfront”, die nach der Zerschlagung der Gewerkschaften 1933 gegründet wurde, wurden viele Forderungen der Arbeiterbewegung übernommen, wobei der Grundwiderspruch, der in dem Privateigentum an Produktionsmitteln besteht, natürlich weiterhin vorhanden war, sodass die Arbeiter in diesem System zwar in mancher Hinsicht eine Erhöhung des Lebensstandards erfuhren, allerdings in Hinblick auf eine eigene Bewegung vollständig entrechtet wurden, was sich auch in der bedingslosen Niederschlagung jeder kommunistischen Opposition äußerte.  Umso wichtiger ist es heute besonders für uns deutsche Kommunisten die kapitalistischen Mechanismen des Faschismus zu erkennen, da wir uns nicht darüber hinwegtäuschen dürfen, dass der Versuch der Wiederherstellung eines vergleichbaren Systems durch die deutschen Kapitalisten jederzeit erfolgen kann, wenn es gilt einen erneuten Krieg zu legitimieren oder gegen eine aufkommende Arbeiterbewegung zu kämpfen, was aufgrund der periodisch auftretenden Krisen im Kapitalismus unweigerlich bevorsteht.

 

Staatskapitalismus (Pseudosozialismus)

 

Hier kommt es häufig zu Missverständnissen: Von Stalinisten, Maoisten u.a. politischen Gruppen wird gerne behauptet, dass in Ländern wie bspw. der DDR und der Sowjetunion der Sozialismus oder gar Kommunismus verwirklicht worden sei. Es ist äußerst wichtig an dieser Stelle die leninistische Unterscheidung der Begriffe des Staatskapitalismus, Sozialismus und Kommunismus vorzunehmen. Der Staatskapitalismus, unmittelbar nach der Revolution mit der Machtergreifung durch das Proletariat, ist die notwendige Übergangsphase von einer privatkapitalistischen Gesellschaftsform hin zum Sozialismus. Wladimir Lenin schreibt: “Man wird sehen, daß der staatsmonopolistische Kapitalismus in einem wirklich revolutionär-demokratischen Staate unweigerlich einen Schritt, ja mehrere Schritte zum Sozialismus hin bedeutet!” und weiter: “... Denn der Sozialismus ist nichts anderes als der nächste Schritt vorwärts, über das staatskapitalistische Monopol hinaus. Oder mit anderen Worten: Der Sozialismus ist nichts anderes als staatskapitalistisches Monopol, das zum Nutzen des ganzen Volkes angewandt wird, und dadurch aufgehört hat, kapitalistisches Monopol zu sein.”³ 

Der Staatskapitalismus entwickelt sich also aus dem Privatkapitalismus im Zuge einer revolutionären Phase durch die Verstaatlichung der Produktionsmittel. Der Sozialismus kann dabei im Anschluss nur erreicht werden, sofern diese Revolution auf internationaler Ebene stattfindet. Ist dies nicht der Fall erstarrt die revolutionäre Phase schnell in Bürokratismus und bürgerlichem Nationalismus, sodass, bedingt durch die internationale Konkurrenz mit privatkapitalistischen Ländern, mit der Zeit marktwirtschaftliche Elemente in das staatskapitalistische System eindringen, womit dieses auf kurz oder lang kollabieren muss, wie alle bisherigen staatskapitalistischen Diktaturen und damit auch die ehemalige DDR deutlich erkennen lassen. Im Falle der DDR kann zwar von einem ausgeprägten Wohlfahrtsstaat gesprochen werden, was allerdings nicht dazu verleiten darf, diesen als sozialistisch zu bezeichnen, da ein sozialistischer Staat ausschließlich im Zuge einer internationalen Revolution entstehen kann und auf die Verwirklichung des Kommunismus ausgerichtet sein muss, was bedeutet, dass der Staat sukzessive abstirbt und die gesellschaftlich hergestellten Produkte an die Bevölkerung verteilt, anstatt verkauft zu werden. 

In der ehemaligen DDR bestand nicht nur die Warenwirtschaft weiter, sondern auch der Staatsapparat wurde, wie in kaum einem anderen Land, massiv ausgebaut, um eine umfassende Kontrolle und Manipulation der Bevölkerung sicherzustellen. Im Vergleich zum Faschismus gibt es in der ehemaligen DDR, wie auch in der ehemaligen 

Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten, zwar eine sehr weitgehende soziale Absicherung, aber auch extrem niedrige Löhne, die zu einem extrem niedrigen Lebensstandard im Vergleich zu den konkurrierenden westlichen Privatwirtschaften führen, was eine starke Unzufriedenheit in der Bevölkerung hervorruft, die zur Flucht in westliche Länder, zum Ausbruch von Unruhen wie in Berlin 1953, in Ungarn 1957 und in der Tschechoslowakei 1970, zu nationalen Repressionen und einer brutalen Unterdrückung einer jeden echten kommunistischen Bewegung führt. Ein staatskapitalistisches System dieser Art musste also vielmehr zu einer Hierarchisierung der Gesellschaft sowie zu einer Bindung und Neutralisierung revolutionären Potenzials führen, anstatt dieses in Richtung einer klassenlosen Gesellschaft zu verwirklichen. (siehe hierzu auch https://www.derkommunistischekampf.com/2021/07/30/proletarischer-internationalismus-und-ex-ddr/) Der Sozialismus kann also ausschließlich auf internationaler Ebene verwirklicht werden, um dann mit der Abschaffung von Warenwirtschaft sowie dem Absterben des Staates in die klassenlose Gesellschaft des Kommunismus überzugehen.

 

Parlamentarische Demokratie

 

Um diesen Übergang von einer alten in eine neue und überlegene Gesellschaftsform zu verhindern, bedienen sich die herrschenden Klassen einer Gesellschaft, wie wir bereits gesehen haben, unterschiedlicher staatlicher Überbauten. Die, im Kapitalismus herrschende, Klasse der Bourgeoisie versucht dabei die eigentlichen Herrschaftsverhältnisse zu verschleiern und so von ihrer Rolle in der gesamtgesellschaftlichen Ordnung abzulenken. Im Vergleich mit faschistischen und staatskapitalistischen Systemen, die in den allermeisten Fällen vergleichsweise offen mit staatlicher Repression operieren, handelt es sich bei einer bürgerlich parlamentarischen Demokratie um ein System, das wesentlich subtiler agiert und im Besonderen mit der medialen Manipulation der Massen arbeitet. Aus diesem Grunde wird dieses Herrschaftssystem von Wladimir Lenin auch als “die denkbar beste politische Hülle”5 bezeichnet, da den Volksmassen hier der Eindruck vermittelt wird, dass diese bspw. durch die Wahl eines Parlamentes auf die Prozesse politischer Entscheidungsfindung Einfluss nehmen könnten, wohingegen die gewählten Volksvertreter und nahezu alle anderen Institutionen dieses Herrschaftssystems im Dienste der nationalen und internationalen Kapitalistenklasse stehen und einzig und allein die Interessen der Bourgeoisie des jeweiligen Landes oder, wie im Falle Deutschlands, eines imperialistischen Hegemons vertreten. So handelt es sich hier um eine Art der Politiksimulation, die die Realität der herrschenden Verbands- und Parteienoligarchie verdecken soll, sodass alle dem kapitalistischen Wirtschaftssystem immanenten Widersprüche und deren Auswirkungen, wie periodisch auftretenden Wirtschaftskrisen, imperialistische Kriege, Ausbeutung der werktätigen Massen und Korruption innerhalb der staatlichen Institutionen, bestehen bleiben. Da sich das deutsche sowie der größte Teil des internationalen Proletariats gegenwärtig in diesem durch mediale Massenmanipulation und umfassender Kontrollmechanismen zunehmend totalitären Gesellschaftssystem befindet, stellt sich die Frage nach einer politischen Taktik, die geeignet ist dieses System in Richtung einer überlegenen Gesellschaftsordnung zu überwinden. Aufgrund des relativen Wohlstandes der Volksmassen in den westlichen Ländern und der parlamentarischen Politiksimulation, halten wir es für angebracht als Kommunisten derzeit eine außerparlamentarischen Taktik zu verfolgen, indem wir uns zunächst aufklärend an den Einzelnen statt an die Massen wenden, um so weltweit ein Netzwerk von marxistischen Experten auszubilden, die während eines zukünftigen revolutionären Momentes, wenn die Widersprüche des Kapitalismus in einer der periodisch auftretenden Krisen offenkundig werden, in der Lage sind, die Volksmassen in ihrem Kampf gegen das gegenwärtige System und im anschließenden Aufbau des internationalen Sozialismus anzuleiten. Auch wenn das gegenwärtige System eine teilweise Prekarisierung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter, sowie eine fortschreitende Ausbeutung der Drittwelt- und Schwellenländer mit sich bringt, scheint der relative materielle Wohlstand in den westlichen Ländern ausgeprägt genug zu sein, um eine umfassende politischen Massenbewegung derzeit unmöglich zu machen. ( siehe hierzu auch unseren Artikel: https://www.derkommunistischekampf.com/ausserhalb-des-parlamentes/ )

 

Fazit

Wie bereits oben erwähnt handelt es sich bei der Erfahrung mit allen drei kapitalistischen Überbauten um ein Alleinstellungsmerkmal des deutschen Proletariats. Das deutsche Proletariat im Besonderen sollte also heute die Mechanismen der bürgerlichen Manipulation und Kontrolle deutlich erkennen und sich seines revolutionären Potenzials bewusst werden. Denn gerade in der Bindung und Neutralisierung des revolutionären Potenzials der werktätigen Massen besteht der Hauptzweck der kapitalistischen Herrschaftssysteme in ihren verschiedenen Ausprägung. Erst wenn die Widersprüche des Kapitalismus und seine Verschleierungstaktiken allseitig erkannt und entlarvt sind, kann dieses revolutionäre Potenzial freigesetzt werden, der überkommene kapitalistische Überbau abgeworfen und eine neue überlegene Gesellschaftsordnung verwirklicht werden.

 

1 Wippermann, Wolfgang: Faschismustheorien. Zum Stand der gegenwärtigen Diskussion. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1989, S. 21 ff. und 58.

 

² Diese Feststellung trifft tatsächlich auch auf den pseudosozialistischen Staatskapitalismus zu, da dieser entgegen seiner expliziten politischen Doktrin ohne eine internationalistische Ausrichtung in den Privatkapitalismus degenieren muss, nachdem er gezwungen ist, aufgrund der internationalen Konkurrenz zu den privatkapitalistischen Ländern, sukzessive marktwirtschaftlichen Elemente zu übernehmen und sich so allmählich von der sozialistischen Planwirtschaft zu entfernen, was Länder, wie die ehemalige Sowjetunion, die DDR und die heutige “Volksrepublik China” deutlich erkennen lassen.

 

³ Lenin (Uljanow), Wladimir Iljitsch: Lenin Werke, Band 25, Seite 368-369, Dietz Verlag Berlin, 1972.

 

4 Gemeint ist hier der materielle Lebensstandard im Vergleich mit den unmittelbaren Nachkriegsjahren vor Gründung der DDR 1949 und in Bezug auf die umfassende soziale Absicherung im Vergleich mit der BRD. Was bspw. die Ausstattung der Bevölkerung mit Konsumgütern betrifft, bleibt die DDR in den folgenden Jahrzehnten schnell hinter der Entwicklung der BRD zurück, was besonders in den letzten Jahren der DDR zu Massenaufständen unter der Bevölkerung führt. (s. Grafik)

 

5 Ebd. Seite 393 - 507

 

                                                                                                                            D. P.


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